Herr Geld und ich kennen uns schon seit ich denken kann. Es ist nicht immer gut gelaufen mit uns, vielleicht, weil wir anfangs wenig konstruktiv miteinander umgegangen sind.

Zu Beginn, war ich einfach zu jung, um zu verstehen, was meine Eltern mir sagen wollten, wenn sie sich kritisch gegenüber Geld äußerten:

„Elisa, nicht alles auf einmal ausgeben.“
„Man muss es erstmal verdienen.“
„Uns geht es schon sehr gut, aber das heißt nicht, dass wir mit Geld achtlos umgehen können, Elisa.“
„Man kann nicht mehr ausgeben als man einnimmt.“

Schlaue Sachen, eigentlich. Ich habe das immer wieder gehört, mir allerdings nie viel dazu gedacht. Warum auch? Meine Eltern haben mich gut versorgt, mir hat es an nichts gefehlt. Wir haben nicht überbordend und dennoch sehr gut gelebt. Meine Eltern haben mir eine solide eigene Beziehung zu Geld ermöglicht. Danke Mama und danke Papa, habt ihr top gemacht!

Geld verdienen und Geld sparen, Sparschwein

Geld ausgeben!

Je älter ich wurde, desto mehr wuchs mir Herr Geld ans Herz. Man konnte schöne Dinge damit kaufen und tolle Sachen erleben. Richtig bombe. Ich wurde immer besser im Geldausgeben. Wir, mein Freund Herr Geld und ich, haben von Anfang an eine offene Beziehung geführt. Monogamie war leider nie sein Ding. Er wollte immer woanders hin.
Na ja, ist ja nicht weg, dachte ich, nur woanders. Guter Spruch, gutes Marketing – ich war dafür zu haben. Dabei weiß und wusste ich durchaus, wie schwer Geld verdienen ist.

In meinen Sommerferien der achten Klasse habe ich in der Landwirtschaft geholfen, später war ich bei einem Cateringservice und kellnern. Doch trotz all dieser Erfahrungen, meiner Erziehung und durchaus auch meiner Wertschätzung, war Herr Geld immer weg und selten da. Unsere Beziehung wurde loser. Als ich als Au-Pair in Liverpool war, war der Gipfel erreicht und ich nur am Geld ausgeben: Ich hatte ein Dach überm Kopf, Essen auf dem Tisch und shoppte wöchentlich bei Topshop, MAC Cosmetics und Primark. Fuck knows, was ich mir bei diesen Shoppingtouren gedacht habe. Erinnert ihr euch an die Black Eyed Peas? Die hatten so ein Lied mit folgendem Text:

Dolce and Gabbana
Fendi and Madonna
Caring they be sharin’
All their money got me wearing fly

(My Humps – Black Eyed Peas )

Das ist so ungefähr der Soundtrack zu meinen Shoppingtrips in Liverpool. Nur, dass man D&G und Fendi mit zu dieser Zeit dort ansässigen high street fashion-Marken ersetzt.

Die meisten dieser Klamotten und Accessoires sind heute entweder weitergegeben oder verkauft. Aber ich ging auch gerne in Pubs und Clubs. Ich lebte wie der König in Frankreich (der mit der Sonne, ge?).

Ich denke, Herr Geld hat mir diesen unachtsamen Umgang erst spät verziehen. Denn ca. ein Jahr später, als ich begann, in London zu studieren, kam er mit der Keule. BAfög war eher eine kritische Sache, der Studienkredit aus England musste für die doch recht üppigen Studiengebühren herhalten und das, was meine Eltern bezuschussten, reichte zusammen mit dem BAfög gerade mal so für die Miete meines WG-Zimmers.

Geld verdienen?

Schnell wurde also klar, Geld und ich sollten wieder zusammenfinden. Wie man das unter Freunden so macht, sprach ich viel über Geld und mich. Über unsere Beziehung zueinander. Mir fiel auf, dass auch andere Schwierigkeiten in ihren Beziehungen zu Geld hatten. Das einte uns. Wir halfen uns gegenseitig beim Bewerbungen schreiben (ich hatte ja keine Ahnung, wie das in Großbritannien ging) und motivierten uns zur Jobsuche. Das gelang. Schwupps, kurze Zeit später saß ich einem kostenlosen-Gespräch mit einem Steuerberater, der mir erklärte, wie ich eine Steuer-ID als Freelancer erhalten könne und welche Steuern wie, wann und für was gezahlt werden müssten. Das war also der Beginn meiner Selbstständigkeit als Übersetzerin. In London. Im ersten Jahr an der Uni. Ich war begeistert von mir selbst und auch Herr Geld war zunehmend wieder interessiert an mir. Yes, Geld verdienen! Ich konnte meine Kosten decken und immer ein kleines Polster anlegen. Das dann für Heimflüge oder andere Reise- oder Unikosten benötigt wurde.

Mit der Zeit wurde ich zur Meisterin von Gumtree (dem englischen Ebay Kleinanzeigen). Ich fand bald weitere Übersetzertätigkeiten, war im Kundenservice und Call-Center tätig, als Babysitterin und als Aushilfslehrerin an Schulen. Es war echt solide. Doch jetzt kommt ein Aber: Ich habe immer nur so viel gearbeitet, dass ich genug Geld zusammen hatte, um über die Runden zu kommen. Denn mehr habe ich nicht gebraucht. Klar, an der ein oder anderen Stelle hätte ich mehr Geld verdienen können, um mehr zu sparen, aber es hat mich schlicht nicht interessiert. Ich wollte chillen, London erleben und studieren. Ich hatte durchaus Bock auf Arbeit, denn es gab viele tolle Einblicke und Erfahrungen, die ich verpasst hätte und von denen ich in meiner heutigen Arbeitswelt profitiere. Mein Fokus lag nur eben ganz deutlich auf tollen Erlebnissen und entspanntem Studieren. Arbeit nebenher war dabei aber auch immer eine Bereicherung.

Mit Herrn Geld in einer Beziehung

Irgendwann danach verstanden Geld und ich uns endlich wieder besser. Für meinen Master ging ich zurück in meine Heimatstadt Erfurt. Hier waren die Mieten günstiger. Ich ging kellnern und bekam kurz nach Beginn meines Studiums auch einen Job als wissenschaftliche Hilfskraft, was mich für Geld noch attraktiver machte. Ab und zu benötigte ich noch Hilfe von meinen Eltern, was mir nicht immer leicht fiel. Geld und ich hatten zwar schon wieder eine etwas innigere Beziehung, aber so ganz 100%ig war es noch nicht.

Ich versuchte an diesem Punkt, immer wieder ein Polster aufzubauen. Das gelang mir meist, doch häufig kam etwas, wofür ich Geld dann doch brauchte. Am Ende meines Masterstudiums, nach fünf Semestern, hatte ich immerhin genug zusammengespart, um meine Freundin Gemma in New York zu besuchen – nichtsdestotrotz ein teures Pflaster, obgleich ich nichts für die Unterkunft zahlte. Außerdem habe ich mir nach meiner Rückkehr ein schickes neues Fahrrad gekauft. (Was zwei Tage später geklaut wurde, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.
Die Hausratversicherung hat sich auf jeden Fall gefreut, in mir eine neue Kundin für Fahrradversicherungen zu haben.)

Diamant Fahrrad und Brooklyn Bridge NYC

Das ist jetzt über drei Jahre her. Geld und ich sind heute glücklich und in einer semi-offenen Beziehung. Wir haben Ordnung (mehr dazu in meinem Beitrag zur Finanzsanierung) in unsere Beziehung gebracht. Nach meinem Studium begann ich zu arbeiten. Kurzfassung: Lehrerin, Doktorandin mit Stipendium, dann nochmal kurz Lehrerin in Teilzeit und dann Lehrerin in Vollzeit im staatlichen Schuldienst. Falls jetzt die Frage aufkommt: Nein, ich bin keine Beamtin, da ich Lehrerin im Seiteneinstieg und nur in einem Fach qualifiziert bin. Und ja, ich werde etwas geringer entlohnt als meine Kollegen mit Standardausbildung in zwei Fächern.

Im Sommer 2017 begann ich meine Studienkredite zu tilgen. Um die 10.000€ habe ich bereits getilgt – woohoo! Nach meinem Teilzeitjob in 2018 war es mir dann auch möglich, größere Summen zu sparen. Etwa 15.000€ habe ich bereits gespart und angelegt. Meine monatliche Sparquote hat eine recht große Spanne: Von 18% bis 58% ist alles dabei. Das liegt zum einen daran, dass mein Einkommen aufgrund der verschiedenen Jobs stark variierte (+/-1000€ im Monat), ich zu Beginn dieses Jahres in eine neue Tarifgruppe bin und zudem nicht eisern an meiner Sparquote hänge. Warum erfährst du in meiner Frugalismus-Definition.

I love money. Geld verdienen.

Geld sparen?

Herr Geld ist also mit Beginn meines aktuellen Jobs wieder mein Liebling. Wenn wir uns sehen, ist es jedes Mal wie ein Feuerwerk der Gefühle. Egal, ob auf dem Girokonto, im Depot oder beim Tagesgeld. Wir haben unsere innige Beziehung vertieft und sind uns über die Jahre immer näher gekommen. Doch: Geld ist für mich auch ein Mittel zum Zweck. Ich weiß, so spricht man nicht über Dinge die man liebt. Und ja, manchmal beschwert er sich schon, dass ich immer so pragmatisch und wenig romantisch bin. Dennoch: Den Zweck habe ich genauso gern, wie meinen lieben Herrn Geld.

Ich versuche täglich, Geld nur für Dinge auszugeben, die ich richtig gern mag, von denen ich denke, dass sie mir Freude schenken (Grüße an Marie Kondo) oder ich sie wirklich dringend brauche. Denn Geld anlegen ist mindestens genauso geil wie nützliche oder schöne Dinge. Ich wohne immer noch in derselben Wohnung wie zu Zeiten meines Studiums und kaufe in den gleichen Läden ein. Ok, vielleicht bin ich jetzt öfter im teureren Bioladen unterwegs. Das ist es mir halt wert.

Wie sich daran erkennen lässt, bin ich nicht der Selbstgeißelung verfallen. Ich möchte ein gutes Leben führen. Entspannt einschlafen und aufwachen. Und ich glaube, dass das Ziel, irgendwann finanziell unabhängig zu sein, durchaus Möglichkeiten bietet, auf dem Weg dorthin, ein Leben zu gestalten, das man auch ohne finanzielle Unabhängigkeit leben will (oder zumindest sehr nah dran). Genügsamkeit und Einfachheit können dazu viel ermöglichen. Das schließt wunderbar den Bogen zu meinem studentischen Leben: Als Studentin war es mir nicht wichtig, mehr zu arbeiten als nötig. Das Geld hat immer gereicht. Wenngleich ich auch immer in der privilegierten Situation war, mich in dem Netz meiner Eltern ggf. auffangen lassen zu können – was ich jedoch versucht habe zu meiden. Und mein zweites Privileg aus Studienzeiten: Mich noch an jedem Tag an Nudeln mit Tomatensoße zu erfreuen! Jeden fucking Tag! Es sind eben die kleinen Dinge im Leben…

Nun gut, Knut. Ich denke, die Message ist angekommen: Ich habe von meinen Eltern viel mitbekommen und gleichzeitig auch viel selbst gelernt und erkannt. Die Zeit im Ausland war definitiv prägend, auch die Shoppingtouren in Liverpool. Ich bin ein genügsamer Mensch geworden danach und kann nun super Geld sparen.

Geld haben!

Herr Geld, mein treuer Begleiter, war immer da. Mal mehr und mal weniger. Wir sind gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen. Ich war immer für ihn da, er auch meistens für mich. Je nach Lebenslage. Doch trotz dessen, dass ich eine so behütete Kindheit hatte und nie einen Mangel erlitten habe, weiß ich, dass Geld erstmal erarbeitet werden muss. Und das Genügsamkeit keine Schande ist sondern Dinge möglich machen kann. Das will ich nutzen. Herr Geld hat mir übrigens auch dazu geraten. Wir stehen ja wieder in regem Kontakt.

Und, wie ist das bei Euch? Steht ihr auch in regem Kontakt zu Geld? Führt ihr eine gute Beziehung?